Gerhard Rohm / 03.2013 / OTZ

Ruppersdorf. Am Samstag, 09.März 2013 trafen sich über 60 interessierte Imker aus dem Saale- Orla Kreis und dem Kreis Saalfeld Rudolstadt in Ruppersdorf um sich zum Thema „Landwirtschaft und Imkerei- ein Spannungsfeld?“ auszutauschen. Die Grundlage dazu legten interessante Vorträge von Prof. Dr. Kaatz von der Universität Halle, von Dr. Völlm aus dem Landwirtschaftsamt Zeulenroda und von Günter Vorsatz als Multiplikator des Landesverbandes Thüringer Imker. Das Interesse war groß, was sich an der Anzahl der Teilnehmer, aber auch an der Diskussionsfreudigkeit zeigte. Hervorzuheben ist, dass der Vorsitzende des Imkervereins Wurzbach und Umgebung Frankenwald e.V. Günter Vorsatz auch Bürgermeister Thomas Franke, einige Geschäftsführer bzw. deren Beauftragte von Agrarbetrieben so Jens Ölsner und Jochen Tiesel von der Agrargenossenschaft Hochland e.G. Gahma, Dietmar Wurmehl von der Agrar e.G. Remptendorf, Frank Wolfram von der Agrargenossenschaft Oberlemnitz e.G, Frank Breuther von der Agrofarm Knau e.G. und Thomas Stede vom Umweltamt des Landratsamtes Schleiz begrüßen konnte. Auch einige Gäste beteiligten sich aktiv an der Diskussion.


Bereits der Vortrag von Dr. Völlm verdeutlichte, welche Entwicklung sich in den letzten Jahrzehnten in der Landwirtschaft vollzog. Vor allem die Intensivierungsprozesse in allen Bereichen z.B. der Steigerung der Milchleistung von ca. 3000 l auf heute 9000 l pro Kuh trugen zu wesentlichen Veränderungen bei. Die Reduzierung der Viehbestände einerseits, die Einhaltung der festgelegten Milchquote, die Verschiebung von Anteilen einzelner Getreidesorten, von Raps und Mais an Anbaufläche und andererseits der Anbau von Monokulturen, die Entwicklung von Biogasanlagen auf Güllebasis bzw. Grünfutterbasis, Import und Export von Lebensmitteln verdeutlichten u.a. die Widersprüchlichkeit verschiedener Prozesse. Dr.Völlm unterstrich, dass im Saale- Orla Kreis die landwirtschaftliche Nutzfläche etwa 80 % Ackerland und 20 % Grünland umfasst. Die größte Anbaufläche wird durch den Anbau von Winterweizen (25%) genutzt. Weitere Fruchtarten sind Wintergerste (13%), Sommergerste (11%), Raps (21%), Mais (11,5%) und Erbsen (3%). Gerade die Flächenzunahme beim Maisanbau und das wiederholte Ausbringen von chemischen Mitteln zur Erhöhung der Erträge im Rapsanbau wirken sich negativ auf die Insekten –insbesondere auf den Bestand der Honigbiene aus. Welche Auswirkungen neue Ergebnisse der Züchtung auf dem Gebiet des Rapsanbaus bezüglich von Sorten haben, die nicht mehr auf die Bestäubungsleistung von Insekten, insbesondere der Biene, angewiesen sind, wird sich in Zukunft erst zeigen.
Prof. Dr. Kaatz ging besonders auf Ursachen der Bienenverluste ein. Er verdeutlichte, dass besonders die Varroamilbe gegenwärtig als Hauptverursacher in Erscheinung tritt. Noch nicht jeder Imker ist in der Lage, die möglichen Behandlungsmaßnahmen richtig anzuwenden. Erschwerend wirkt sich aus, dass einzelne Hobbyimker gar keine Behandlung durchführen bzw. Großimker aus Zeitgründen mitunter dies vernachlässigen. Dadurch werden bereits behandelte Bienenvölker der Nachbarimker wieder angesteckt. Als Erkenntnis aus diesem Sachverhalt gilt, dass sich möglichst alle Imker eines Territoriums an den Maßnahmen der Behandlung (pro Jahr und Volk zweimal) zeitgleich gegen die Varroamilbe beteiligen sollten. Hilfe dazu erhält jeder Interessierte vom Imkerverein oder durch Erfahrungsberichte von Imkern, die im Internet abrufbar sind. Kaatz ging auch auf die von den Imkern verurteilte Ausbringung von verschiedenen Chemikalien zur Ertragssteigerung bei Getreide, Raps und Mais durch die Agrarbetriebe ein. Anhand von Untersuchungsergebnissen und deren statistischer Aufbereitung traf er die Aussage, dass sich dies zwar auch negativ auf den Bienenbestand auswirke, jedoch nicht in dem von den Imkern befürchtetem Ausmaß. Dennoch appellierte er an die Verantwortlichen der Agrarbetriebe, mit diesen Chemikalien wie z.B. Insektizide, Fungizide und Herbizide noch verantwortungsbewusster umzugehen.

Nachgewiesen wurde z.B. dass Neonicotinoide (z.B. Fipronil, Thiacloprid, Ceranae) das Heimkehrverhalten der Biene beeinflussen. Infizierte Bienen werden u.a. desorientiert und finden nicht mehr zum Bienenstock zurück.
Auch der sich in der Natur bildende Guttationstropfen (Wassertropfen) an Keimlingen kann durch das Ausbringen chemischer Stoffe mit Gift verseucht werden. Die Aufnahme durch die Bienen bzw. anderer Insekten wirkt sich schädlich aus. Günter Vorsatz ging in diesem Zusammenhang nochmals auf die Verwendung von chemischen Mitteln in der Landwirtschaft ein. Er verwies darauf, die Einteilung der Stoffe in bienengefährliche und bienenungefährlichen (B1,B2,B3 und B4) neu zu durchdenken und bienengefährliche Chemikalien nicht mehr anzuwenden.
Die Diskussion verlief angeregt und sehr sachlich. Die Vorträge und die Diskussion trugen dazu bei, das gegenseitige Verständnis der Imker und der Agrarbetriebe für ihre Tätigkeit zu verbessern.
Schlussfolgernd bekannten sich die Teilnehmer zu dem Grundsatz:


Es geht nicht nebeneinander,
schon gar nicht gegeneinander,
sondern nur miteinander!


Aus dieser gemeinsamen Verantwortung für die Erhaltung der Umwelt und der Bienenhaltung schlägt der Imkerverein Wurzbach und Umgebung Frankenwald e.V. Empfehlungen vor, die gemeinsam in der Praxis umgesetzt werden könnten:

1. Zwischen den Geschäftsführern landwirtschaftlicher Betriebe und den im Territorium vorhandenen Imkervereinen bzw. Imkern sollte ein kontinuierlicher Kontakt gepflegt werden.
Dieser ist besonders für notwendige Maßnahmen in den Monaten Mai bis August wichtig, da in der Zeit die Hauptentwicklungs- und Trachtzeit für die Insekten ist. Das trifft besonders auf die Honigbiene (Apis mellifica) zu.

2. Generell wäre es wichtig, die Arbeiten auf den Feldern und Wiesen, den Grün- und Restflächen insektenfreundlich zu gestaltet (gemeinsame Verantwortung für den Schutz unserer Umwelt). Vor allem folgende Grundregeln könnten beraten und abgestimmt werden:
- Es sollten keine bienengefährliche Chemikalien (B1 und B2) zur Bekämpfung von Unkräutern, Schimmelpilzen usw. (Pestizide, Insektizide, Fungizide, Neonicotinoide u a.) eingesetzt werden.
- Zu vermeiden ist unbedingt das Sprühen in die Blüte (z.B. Rapsblüte) in der
Zeit von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr bei schönem und trockenem Wetter, da in dieser Zeit der Flugbetrieb der Bienen am stärksten ist. Sprühen in dieser Zeit bedingt die Berührung mit Gift bzw. das Verkleben der Flügel bei den Bienen.
Sie verenden noch im Rapsfeld, schwächen damit das Bienenvolk, den Ertrag und die Bestäubungsleistung.
- Bei sonnigem und warmem Wetter sollte das Abmähen von Grünflächen,
Mischflächen oder Pflanzen im blühenden Zustand (z.B. Klee, Löwenzahn
usw. im o.g. Zeitraum ebenfalls unterbleiben. Die Arbeiten könnten am späten
Abend (ab 19.00 Uhr) oder früh am Tag (bis 9.00 Uhr) erfolgen.

3. Empfehlenswert ist der Anbau von Zwischenfrüchten, möglichst in der Nähe von Bienenständen (Sonnenblumen, Phacelia, Senf, Hederich, Klee, Luzerne usw.).

4. Erstrebenswert wäre das Einrichten eines Schutzstreifens“ von ca. 10,00 m um größere Schläge, die mit Getreide, Kartoffeln, Mischfutter usw. bebaut sind. Auf diesem Streifen dürfte kein Unkrautbekämpfungsmittel ausgebracht werden.

5. Empfehlenswert wäre, wenn beide Partner darüber beraten und sich gegenseitig unterstützen, wo das Pflanzen geeigneter Bäume (Laub- bzw. Obstbäume) oder Sträucher angebracht ist. Besonders erstrebenswert wäre das Anlegen von Obstplantagen bzw. Streuobstwiesen.
6. Beispielhaft wäre es, wenn Agrarbetriebe einen eigenen Bienenstand errichten und pflegen. Imkervereine sollten dazu Hilfe und Unterstützung geben.

Die Teilnehmer waren sich auch darüber einig, dass künftig weder die Landwirtschaft, noch die Bienenwirtschaft zum Versuchsfeld werden dürfen.